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Blindgänger? - Kriegsluftbilder automatisch auswerten

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Februar 2018

Projekt:  Mustererkennung in Kriegsluftbildern und Laserscandaten

Forschende:  M.Sc. Kruse, Christian

Projektidee:  Unterstützung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen bei der manuellen Kriegsluftbildauswertung durch die automatische Erzeugung von Belastungskarten

Die Auswertung von Kriegsluftbildern auf Kriegsbelastungen ist eine zentrale Aufgabe des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD). Dabei geht es vor allem darum, die Gefahr durch Blindgänger abzuschätzen. In Niedersachsen ist der KBD als Dezernat in die Regionaldirektion Hameln-Hannover des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) integriert. Momentan wertet der KBD Kriegsluftbilder manuell aus, was trotz der Einschränkung auf einzelne Flächen einen hohen Bearbeitungsaufwand mit sich bringt. Für viele Fragestellungen sind jedoch flächendeckende Informationen über das grundsätzliche Vorkommen von Kriegsbelastungen in Form von sogenannten Belastungskarten ausreichend. Sie zeigen an, ob Gebiete wahrscheinlich belastet sind oder nicht, d.h. kontaminierte Gebiete enthalten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen oder mehrere Blindgänger, während unbelastete Gebiete keine Blindgänger enthalten sollten. Eine solche Belastungskarte lässt sich kosteneffizient erstellen, wenn Hinweise auf Kriegsbelastungen automatisch erkannt werden. Waldgebiete können nicht über Luftbilder ausgewertet werden, hier sind zusätzlich Laserscandaten nötig.

Ziel dieses Projektes ist es, ein Verfahren zur automatischen Detektion von Bombenkratern in Kriegsluftbildern und Laserscandaten zu entwickeln. Häufig sehen die Krater ähnlich aus, unterscheiden sich jedoch in der Regel in ihrer Größe und auch die Maßstäbe können von Luftbild zu Luftbild variieren. In diesem Projekt werden daher markierte Punktprozesse genutzt, die mit den genannten Eigenschaften der Bombenkrater umgehen können. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass es ein starkes Objektmodell mit einem stochastischen Ansatz verknüpft, wodurch im optimalen Fall ausschließlich Bombenkrater durch jeweils ein Objekt (zurzeit eine Ellipse) im Bild repräsentiert werden. Dabei wird eine globale Energiefunktion minimiert, welche Grauwertinformationen in den Daten berücksichtigt (Gradienten entlang des Objektrandes) und sich stark überlappende Objekte unterbindet. Vereinfacht ausgedrückt wird die Optimierung dieser Energie durch sehr häufiges Ausprobieren realisiert (Reversible Jump Markov Chain Monte Carlo Sampling in Kombination mit Simulated Annealing). Ausgehend von einer vordefinierten Menge an Änderungsarten wird bei jedem Durchlauf (Iteration) eine Änderung der aktuellen Objektkonfiguration vorgeschlagen (Hinzufügen, Entfernen, Verschieben oder Ändern der Parameter eines Objektes). Diese neue Konfiguration wird dann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen bzw. verworfen, die von der Energievariation zwischen dem aktuellen und dem neuen Zustand abhängt.

Für die Analysen werden Kriegsluftbilder und Laserscandaten des LGLN genutzt. Der Schwerpunkt der Entwicklungen liegt für die Luftbilder auf ländlichen Bereichen, bei Laserscandaten in Waldflächen.

Die automatisch erkannten Bombenkrater deuten auf Gebiete hin, in denen sich Blindgänger befinden können. Daraus lassen sich Aussagen über die potentielle Belastung einzelner Gebiete ableiten und in einer Belastungskarte darstellen: Aus den automatischen Detektionen von Bombenkratern wird mittels Kerndichteschätzung eine Wahrscheinlichkeitskarte erzeugt. Durch die Festlegung eines Schwellwertes für die Wahrscheinlichkeiten werden Gebiete als potentiell belastet bzw. wahrscheinlich unbelastet eingestuft.

Links: Ausschnitt eines Kriegsluftbildes mit Bombenkratern; Mitte: Ergebnis der automatischen Detektion von Kratern, welche hier als Ellipsen (gelb) modelliert wurden; Rechts: Belastungskarte (Zentren der Detektionen sind durch gelbe Punkte markiert)