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Parallel zur Fassade: Wie geometrische Informationen autonomen Fahrzeugen den Weg weisen

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Mai 2018

Projekt: Informationsbasierte Georeferenzierung für zuverlässiges autonomes Fahren

Forschende: DFG-Graduiertenkolleg i.c.sens., Sören Vogel

Projektidee: Verwendung von geometrischen Restriktionen für die genaue Georeferenzierung eines autonomen Fahrzeuge in GNSS-abgeschatteten Umgebungen

Für das sichere und zuverlässige autonome Fahren wird zu jedem Zeitpunkt die genaue Position und Orientierung des Fahrzeuges in Bezug auf seine direkte Umgebung benötigt. In der Geodäsie wird dafür von „Georeferenzierung“ gesprochen. Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichsten Sensoren als auch Methoden, welche diese unabdingbare Voraussetzung ununterbrochen gewährleisten. Eine der häufigsten Methoden ist die Positionierung mittels Antennen über ein Global Navigation Satellite System (GNSS) wie etwa GPS oder Galileo. Gerade aber in innerstädtischen Umgebungen sind die GNSS-Beobachtungen wegen der Vielzahl an höheren Gebäuden und Vegetation nicht so zuverlässig und stehen deshalb nicht für die genaue Georeferenzierung zur Verfügung. Da zukünftiges autonomes Fahren jedoch nicht beim Übergang von ländlichen in städtische Bereiche enden soll, wird derzeit an neuen Methoden für die genaue und zuverlässige Georeferenzierung in entsprechenden Gebieten geforscht. 
Am Geodätischen Institut wird dafür in einem Dissertationsprojekt im Rahmen des Graduiertenkollegs i.c.sens ein mathematischer Ansatz für die informationsbasierte Georeferenzierung von autonomen Fahrzeugen auf Basis von verschiedenartigen Informationen geforscht. Ziel ist es räumliche Punktwolken eines Laserscanners mit zuverlässigem Vorwissen über geometrische Objektrauminformationen zu verknüpfen.

Als hilfreiche Information kann hierfür im Prinzip jedes geeignete Objekt in unmittelbarer Nähe zum Straßenraum (wie z. B. ebene Häuserfassaden oder stangenförmige Laternenmasten) dienen. Um solche Objektrauminformationen verwenden zu können,  müssen entsprechende Elemente (z .B. Bereiche von Häuserfassaden oder Straßenoberflächen) erst einmal innerhalb der Laserscanner-Punktwolke gefunden werden. Anschließend werden die segmentierten Informationen hinsichtlich unabhängiger geometrischer Vorgaben (z. B. Ebenheit einer Häuserfassade auf Basis von definierten DIN-Toleranzen im Bauwesen) überprüft.

Abbildung 1: Illustration für die informationsbasierte Georeferenzierung eines Multisensorsystems anhand von Laserscanner-Profilen, Häuserfassaden und geometrischen Restriktionen (Schön et al., 2018).

Mathematisch umgesetzt wird dies u.a. auf Basis von (Un)gleichungsrestriktionen bezüglich Parallelität und Rechtwinkligkeit zwischen einzelnen Segmenten. Es wird also eine geometrische Bedingung aufgestellt, die eine vorgegebene Gleichung erfüllen muss. Beispielsweise sollten die linke und rechte Häuserfassade, die in der Abbildung zu sehen sind, parallel zu einander sein. Da diese Bedingung auf Grund von Fertigungstoleranzen im Bauwesen und Messungenauigkeiten des Laserscanners natürlich nie ganz streng erfüllt werden kann, werden i.d.R. Ungleichungen verwendet, welche die Parallelität innerhalb eines vordefinierten Intervalls erlaubt. Eine initial verfügbare aber insgesamt ungenaue Georeferenzierung auf Grundlage von GNSS-Beobachtungen kann mit diesen zusätzlichen Informationen signifikant verbessert werden.
Solche geometrischen Zusatzinformationen können zudem in einem neuen Filteralgorithmus mit den vorhandenen Sensorbeobachtungen optimal kombiniert werden. Dabei kann vorhandenes Wissen über das mögliche Bewegungsverhalten des autonomen Fahrzeuges (z. B. keine Bewegungen quer zur Fahrtrichtung) oder bereits vorhandene Beobachtungen (z. B. in Form von digitalen Karten) berücksichtigt werden.

 

Schön et al., 2018: Steffen Schön, Claus Brenner, Hamza Alkhatib, Max Coenen, Hani Dbouk, Nicolas Garcia-Fernandez, Colin Fischer, Christian Heipke, Katja Lohmann, Ingo Neumann, Uyen Nguyen, Jens-André Paffenholz, Torben Peters, Franz Rottensteiner, Julia Schachtschneider, Monika Sester, Ligang Sun, Sören Vogel, Raphael Voges und Bernardo Wagner: Integrity and Collaboration in Dynamic Sensor Networks. Sensors (Basel, Switzerland), 2018, 18. Jg., Nr. 7.