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Vereinheitlichung von Höhensystemen mit Hilfe von Uhrenmessungen

GeoWerkstatt-Projekt des Monats November 2018

Projekt: Vereinheitlichung von Höhensystemen mit Hilfe von Uhrenmessungen

Forschende: Dr.-Ing. Hu Wu, Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Müller

Projektidee: Da Uhren abhängig von ihrer Entfernung zu einer großen Masse unterschiedlich schnell gehen, können aus Frequenzvergleichen Höhenunterschiede bestimmt und somit Höhensysteme miteinander verknüpft werden.

Nach Einstein ticken Uhren unterschiedlich schnell, wenn sie sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Je schneller sich eine Uhr bewegt, umso langsamer vergeht die Zeit. Auch der Abstand zu großen Massen beeinflusst den Uhrengang. Je näher man einer Masse ist, umso langsamer vergeht die Zeit. Die Tickrate (Frequenz) einer Uhr ist also von der Entfernung zu einer großen Masse abhängig.

Abbildung 1: Wer den Frequenzunterschied zweier Uhren kennt, kann darüber berechnen, wie groß der Höhenunterschied zwischen den Uhren ist.

Kennt man die Frequenzunterschiede der Uhren, kann man daraus ableiten, um wieviel die eine Uhr weiter von der "großen Masse" (der Erde) entfernt ist als die andere; man erhält also eine Höheninformation. Für die Geodäsie ist das eine vollkommen neue Messmethode, um Höhenunterschiede zu bestimmen. Dies wird bisweilen als "relativistische Geodäsie" bezeichnet. Das Ganze funktioniert nur, da man heute sehr genaue Uhren bauen kann, sogenannte optische Uhren, z.B. an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Diese Uhren sind so genau, dass sie heute weniger als eine Sekunde nachgehen würden, wenn man sie bereits beim Urknall vor 13 Milliarden Jahren eingeschaltet hätte. Eingesetzt in der Geodäsie bedeutet dies, dass man damit einen Höhenunterschied auf den Zentimeter genau bestimmen kann - mit Uhren im Labor; bei transportablen Uhren ist man noch im unteren Dezimeter-Bereich.

In Simulationen haben wir gezeigt, dass man solche Uhrenmessungen verwenden kann, um Fehler in bisherigen lokalen Höhenmessungen wie Offsets und Neigungen zu bestimmen und die einzelnen Höhensysteme in ein konsistentes vereinheitlichtes Höhensystem zusammenzuführen, siehe Abbildung 2.

Weitere Studien zeigen, dass man aus den Messungen derartiger hochpräziser Uhren auf der Erdoberfläche oder im Satelliten auch den großräumigen Anteil des Schwerefeldes sehr gut bestimmen kann. Dazu ist es notwendig, dass nun robuste transportable Uhren hergestellt werden, die für geodätische Messkampagnen genutzt werden können.

Diese Studien sind im Rahmen des SFB 1128 Relativistische Geodäsie und Gravimetrie mit Quantensensoren (geo-Q) durchgeführt worden, siehe www.geoq.uni-hannover.de/.

Abbildung 2: Links: Simulierte Höhensystem-Fehler (Offsets und Neigungen) in vier verschiedenen europäischen Regionen. Rechts: Ausgeglichene Höhenfehler auf der Basis von Uhrenmessungen; die Symbole □, ☆, △, ▽ zeigen die Uhrenstandorte in den vier Re

Mehr Information zur Nutzung von Uhrenmessungen finden sich etwa in:

H. Denker, L. Timmen, C. Voigt, S. Weyers, E. Peik, H. S. Margolis, P. Delva, P. Wolf, G. Petit, Geodetic methods to determine the relativistic redshift at the level of 10−18 in the context of international timescales: a review and practical results, Journal of Geodesy 92, 487 (2018).

J. Müller, D. Dirkx, S. M. Kopeikin, G. Lion, I. Panet, G. Petit, P. N. A. M. Visser, High Performance Clocks and Gravity Field Determination, Space Sci. Rev. 214, 5 (2018).