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Historische Geländestrukturen mittels Deep Learning automatisch erkennen

GeoWerkstatt-Projekt des Monats April 2020

Projekt: Automatische Erschließung und Monitoring von Denkmalen mittels detaillierter Oberflächenmodelle (gefördert durch das MWK im Förderprogramm Pro*Niedersachsen)

Forschende: Bashir Kazimi, Frank Thiemann, Dr. Katharina Malek (NLD)

Projektidee: Automatische Extraktion von archäologischen Geländestrukturen aus hochaufgelösten Geländemodellen

Die Weltkulturerbe-Region im Harz ist reich an historischen künstlichen Strukturen im Gelände, die der alte Bergbau hinterlassen hat. Dies sind neben den Teichen, Gräben und Wasserläufen der Oberharzer Wasserwirtschaft, den vielen Pingen, Mundlöchern und Halden auch die zahlreichen Meilerplateaus, auf denen die Holzkohle für den Bergbau erzeugt wurde und die Hohlwege, auf denen Holz, Erz und andere Materialien transportiert wurden. Vor allem im Vorland des Harzes befinden sich etliche Grabhügelfelder.

Damit alle diese Denkmäler für die Nachwelt erhalten und geschützt werden können, müssen sie zunächst im Gelände erkannt, verifiziert und kartiert werden. In diesem Projekt, das wir in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege durchführen, untersuchen wir Techniken des maschinellen Lernens, insbesondere des Deep Learning, um künstliche historische Strukturen in hochaufgelösten Geländemodellen automatisch zu erkennen.

Die digitalen Geländemodelle (DGM) mit einer Auflösung von 0,5 Metern werden aus Airborne-Laserscan-Daten gewonnen. Unsere Algorithmen sollen anhand von Trainingsbeispielen lernen, die Geländestrukturen zu erkennen (Detektion), zu unterscheiden (Klassifikation) und zu markieren (Segmentierung).

© IKG
Abbildung 1. Links: Orte mit Trainingsbeispielen auf dem dreifarbig beleuchteten Geländemodell. Rechts: Vergrößerte Ansichten für jede Objektart (Bombentrichter, Meilerplateaus, Grabhügel, Pingen)
© IKG
Abbildung 2. Beispiele für Eingabedaten: 1. Zeile: geschummerte Ausschnitte aus dem Geländemodell, 2.Zeile: mit überlagerten Labeln (Vektor), 3. Zeile: Label-Bilder

Um die künstlichen neuronalen Netze zu trainieren, markieren wir beispielhaft Objekte anhand des Geländemodells (Label) (Abbildung 1). Dazu gehören auch Objekte, die das neuronale Netz mit Objekten von archäologischem Interesse verwechseln könnte, wie z. B. Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg mit den älteren Pingen, die beides Vertiefungen im Gelände sind. Um jedes dieser Trainingsbeispiele wird ein kleiner Ausschnitt aus dem Geländemodell herausgeschnitten und ein korrespondierendes Labelbild (Abbildung 2) erstellt.

Um die Geländemodelle zu segmentieren, verwenden wir das bewährte künstliche neuronale Netz namens High Resolution Net (HRNet), das als Open-Source-Software zur Verfügung steht. Zunächst haben wir das neuronale Netz mit 80 % der Beispieldaten trainiert.

Tabelle 1. Testergebnisse (Mittlerer IoU in Prozent). Bombentrichter und Pingen werden weniger sicher erkannt als Grabhügel und Meiler.
Mittlerer IoUHintergrundBombentrichterMeilerplateausGrabhügelPingen
74.397.859.774.774.065.1

Die Ergebnisse haben wir dann anhand der restlichen Daten getestet. Das Fehlermaß mittlerer IoU gibt dabei an, wie gut die von unserem System vorgesagten (prädizierten) Ergebnisse zu den Referenzdaten (Ground Truth) passen (Tabelle 1).

Es zeigte sich, dass Pingen und Bombentrichter schlechter erkannt werden als Meiler und Grabhügel. Dies könnte daran liegen, das sowohl Pingen und als auch Bombentrichter Vertiefungen im Gelände darstellen und bei ähnlicher Größe leicht verwechselt werden können.

© IKG
Abbildung 3. Ergebnisse: Die erste Zeile zeigt die manuell erstellte „Ground-Truth“, die zweite Zeile zeigt die Prädiktion unseres Modells.

Die trainierten Modelle können nun auf größere Regionen angewendet werden, um dort die gesuchten Geländeformen zu markieren. Beispielhafte Ergebnisse sind in Abbildung 3 dargestellt. Zukünftig wollen wir weitere Objektarten, insbesondere Gräben und Hohlwege, in die automatische Segmentierung einbeziehen. Zudem wollen wir untersuchen, inwiefern Techniken des unüberwachten Lernens, also dem Lernen ohne Trainingsbeispiele, helfen können, die Ergebnisse unserer Klassifikatoren zu verbessern.