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Projekt „Ride Vibrations“: Komfort-Routing für Radler

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Dezember 2019

Projekt: Ride Vibrations

 

Forscher: Dr.-Ing. U. Feuerhake, C. Koetsier, O. Wage, Ride Vibrations Projektseminar

Projektidee: Den Fahrkomfort bei der Routenberechnung für Radfahrer berücksichtigen

Das Fahrrad als alltägliches Fortbewegungsmittel wird immer beliebter. Doch viele Städte sind darauf noch nicht ausreichend eingestellt. Fahrradwege fehlen, enden plötzlich oder sind schlecht gepflegt. Wo Fahrradwege verlaufen, können Radler meist aus gängigen Kartendiensten ableiten. Wie schnell und wie bequem sie auf diesen Wegen ans Ziel gelangen, aber nicht. Daher entwickeln Mitarbeiter des Instituts für Kartographie und Geoinformatik zusammen mit Geodäsie-Studierenden eine spezielle Navigationsanwendung für Fahrräder, die komfortable Alternativrouten bereitstellen soll. Grundlage ist eine für Android-Smartphones selbst entwickelte App “RideVibes”. Sie zeichnet die Fahrdynamik ohne zusätzlich am Fahrrad angebrachte, spezielle Sensorik auf. Das Smartphone muss dabei lediglich während der Fahrt in einer Halterung am Fahrradlenker fixiert sein.

Benutzeroberfläche der App und Montage des Smartphones am Fahrradlenker. Benutzeroberfläche der App und Montage des Smartphones am Fahrradlenker. Benutzeroberfläche der App und Montage des Smartphones am Fahrradlenker. © IKG
Links: Projekt-Logo und Nutzeroberfläche der entwickelten Smartphone-App. Rechts: Der Versuchsaufbau in der Praxis: Ein Smartphone mit der App kann im Alltag mittels einmal montierter Halterung vor jeder Fahrt flexibel am Fahrrad befestigt werden.

Zu Beginn jeder Fahrt muss die Fahrradfahrerin oder der Fahrradfahrer die Aufzeichnung der Sensordaten manuell starten und am Ende der Fahrt beenden. Die App zeichnet dann automatisch per GNSS-Dienst (z.B. GPS) verortete Daten wie die auf das Smartphone wirkenden Beschleunigungen auf. Die Daten werden zunächst ausschließlich lokal auf dem Smartphone gespeichert und können anschließend selektiv und anonymisiert zur Analyse hochgeladen werden.

Exemplarischer Verlauf zweier Messreihen zum Veranschaulichen der unterschiedlichen Intensitäten der vertikalen Beschleunigung auf Kopfsteinpflaster und Asphalt. Exemplarischer Verlauf zweier Messreihen zum Veranschaulichen der unterschiedlichen Intensitäten der vertikalen Beschleunigung auf Kopfsteinpflaster und Asphalt. Exemplarischer Verlauf zweier Messreihen zum Veranschaulichen der unterschiedlichen Intensitäten der vertikalen Beschleunigung auf Kopfsteinpflaster und Asphalt. © IKG
Je größer der Ausschlag, desto holpriger die Fahrt: Exemplarischer Verlauf zweier Messreihen zum Veranschaulichen der unterschiedlichen Intensitäten der vertikalen Beschleunigungskomponente auf Kopfsteinpflaster (rot) und Asphalt (grün).

Die Geodäten analysieren die auf diese Weise aufgezeichneten Wegabschnitte mit Blick auf relevante Komfort-Faktoren, wobei die ermittelten Ergebnisse unmittelbar in die Berechnung zukünftiger Routinganfragen einfließen. Zunächst gleichen sie in der Vorprozessierungsphase die zurückgelegte Route mit einer Karte ab: Mit Hilfe eines Map Matching-Verfahrens wird die wahrscheinlichste Abfolge an gefahrenen Wegsegmenten des Straßengraphen zugeordnet. So können die Wissenschaftler und Studierenden anschließend in der Analysephase die einzelnen Abschnitte (Straßensegmente) bewerten. Aus den Positionsdaten bestimmen sie die tatsächliche Fahrzeit und Stopps. Auch die vertikale Beschleunigungskompenente wird analysiert, also wann und wie stark sich das Smartphone während der Fahrt auf und ab bewegt hat. Daraus können die Wissenschaftler die allgemeine Oberflächenrauigkeit und Schlaglöcher auf der Strecke ermitteln. Aus den gewonnen Daten werden letztendlich die Komfort-Faktoren abgeleitet, um die Wegsegmente bei zukünftigen Routenberechnungen passend zu gewichten.

Karte der Streckenrauheit um das Welfenschloss herum. Karte der Streckenrauheit um das Welfenschloss herum. Karte der Streckenrauheit um das Welfenschloss herum. © Karten Tiles von Stamen Design, Kartengrundlage von OSM, Datenüberlagerung von IKG
Zur Veranschaulichung wurden in der Kartendarstellung die Straßensegmente nach der Standardabweichung der jeweils gemessenen vertikalen Beschleunigungen eingefärbt. Die Werte wurden subjektiv von glatt (dunkel grün) nach uneben (dunkel rot) eingeordnet.

Mit Hilfe motivierter Radfahrer und Unterstützer dieses Projekts haben die Geodäten bereits eine erste Datengrundlage geschaffen. Insbesondere mit Blick auf eine größere Vollständigkeit und Repräsentativität der Daten, die weitere nützliche Analysen und Features (Integration von Stopps, Berücksichtigung des Fahrradtyps, usw.) erlauben, freut sich das Projektteam über alle Interessierten und neuen Nutzerinnen und Nutzer aus Hannover.