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Lunar Laser Ranging: Mit Laserlicht vom Mondkern zu Einstein

GeoWerkstatt-Projekt des Monats November 2017

Projekt: Lunar Laser Ranging: Mit Laserlicht vom Mondkern zu Einstein

Forschende: Hofmann, Franz

Projektidee: Bestimmung von Parametern zum Mondaufbau und Tests der Einstein’schen Gravitationstheorie mit Abstandsmessungen zum Mond

Lunar Laser Ranging (LLR) ist ein geodätisches Raumverfahren, bei dem die Laufzeit (und damit die Entfernung) von kurzen Laserpulsen von Stationen auf der Erde zu Retroreflektoren auf dem Mond und zurück gemessen wird. Der erste Retroreflektor wurde von den Astronauten der Apollo 11 Mission auf dem Mond aufgestellt. Vier weitere Reflektoren wurden mit den Apollo Missionen 14 und 15 sowie auf den beiden automatischen sowjetischen Lunochod-Rovern zum Mond gebracht und stehen auch nach fast 50 Jahren für die Abstandsmessung zur Verfügung. Seit 1969 wurden über 23000 Messungen von 5 Bodenstationen durchgeführt. Die Mess- und Auswertegenauigkeit konnte in diesem Zeitraum von 2 Dezimeter auf unter 2 Zentimeter verbessert werden. Mit Hilfe von LLR können viele physikalische Parameter im Erde-Mond System, z.B. Parameter zur Charakterisierung des flüssigen Mondkerns, bestimmt werden. Darüber hinaus erlaubt LLR hochgenaue Tests der Einstein’schen Gravitationstheorie.

Abbildung 1: LLR-Messung mit dem APOLLO (Apache Point Observatory Lunar laser-ranging Operation) Teleskop während einer Mondfinsternis. Copyright APOLLO: Dan Long, Tom Murphy
Abbildung 2: Retroreflektor der Apollo 14 Mission, bestehend aus 100 Einzelprismen

Der innere Aufbau eines Himmelskörpers entzieht sich der direkten Beobachtung. Auf der Erde wird die Ausbreitung von Erdbebenwellen mit einem weltweiten Seismometernetz registriert und daraus ein Schichtenmodell des Erdkörpers berechnet. Die Bestimmung des inneren Aufbaus extraterrestrischer Körper, zum Beispiel des Mondes, gestaltet sich schwieriger. In Rahmen der Apollo Mondlandemissionen wurden Seismometer auf dem Mond aufgebaut, die zwischen 1969 und 1977 Messungen von Mondbeben aufzeichneten. In einer Reprozessierung konnte aus diesen Daten die Existenz eines flüssigen Kerns, bzw. einer flüssigen Schale um einen festen inneren Kern, abgeleitet werden.

Eine weitere Möglichkeit das Innere des Mondes zu untersuchen besteht in der hochgenauen Beobachtung der Mondrotation. Ein Körper, der durchgehend aus festem Material aufgebaut ist (Mond ohne flüssigem Kern), reagiert auf Änderungen seiner Rotationsbewegung durch äußere Kräfte anders, als ein Körper, der in seinem Inneren einen flüssigen Kern, bzw. eine Schale aus flüssigem Material, besitzt. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das unterschiedliche Rotationsverhalten von gekochten (festes Inneres) und rohen (flüssiges Inneres) Eiern: Link zum Video.

Zurzeit lassen sich aus der Analyse der LLR-Daten ein Reibungskoeffizient zwischen festem Mantel und flüssigem Kern sowie die Orientierung des Mondkernes in Bezug zum Mondmantel bestimmen. Die Modellierung der Mondrotation mit flüssigem Kern passt sich dabei den Messwerten deutlich besser an, als die Modellierung der Mondrotation ohne flüssigen Kern. Die signifikante Bestimmung beider Größen ist ein deutlicher Hinweis auf die Existenz des flüssigen Kerns bzw. einer flüssigen Schale um einen festen Inneren Kern.

Seit mehr als 100 Jahren bildet die Einstein’sche Gravitationstheorie das Fundament zur Beschreibung der Bewegung von Körpern im Weltall, zur Signalausbreitung und des Verlaufs der Zeit in Gravitationsfeldern. Die Analyse der LLR-Daten erlaubt verschiedene Tests der Voraussetzungen und Vorhersagen der Einstein’schen Theorie und stellt eines der derzeit genauesten Werkzeuge dar, um mögliche Abweichungen zu detektieren. Dabei werden mit LLR Obergrenzen für mögliche Abweichungen geschätzt. Die wichtigsten Testgrößen betreffen die zeitliche Variation der Gravitationskonstanten G und das Äquivalenzprinzip.  In der Einstein’schen Theorie ist die Gravitationskonstante zeitlich konstant. Mit LLR wurde als Obergrenze eine maximale zeitliche Variation von 
                                                                    G ̇/G=(7.1±7.6)× 10-14 yr-1 
bestimmt, d.h. einer Änderung von maximal 1 Promille über das Alter des Universums. Das Äquivalenzprinzip besagt, dass alle Körper unabhängig von Ihrer chemischen Zusammensetzung und Massenverteilung die gleiche Frei-Fall-Beschleunigung im gleichen Gravitationsfeld erfahren. Die Gültigkeit des Äquivalenzprinzips ist ein Kernelement der Einstein’schen Theorie. Mit LLR können Erde und Mond als Testkörper im Gravitationsfeld der Sonne beobachtet werden. Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips würde zu einer Verschiebung der Mondbahn in Richtung Sonne führen. Aus der Analyse der LLR-Daten wurde als Obergrenze für eine solche Verschiebung ein Wert von (0.9±1.4)" mm"  geschätzt. Beide Tests zeigen im Rahmen der angegebenen Genauigkeiten keine Abweichung von der Einstein’schen Theorie.

Abbildung 3: Gewichtete jährliche Residuen der LLR-Analyse