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Raum-zeitliches Monitoring von Brückenbauwerken mittels Low-Cost-Sensorik

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Januar 2018

Projekt:   Raum-zeitliches Monitoring von Brückenbauwerken mittels Low-Cost-Sensorik

Forschende:   M.Sc. Omidalizarandi, Mohammad, Dr.-Ing. Kargoll, Boris, Dr.-Ing. Paffenholz, Jens-André

Projektidee: Deformations- und Schwingungsanalyse von Brückenbauwerken unter Verwendung von Low-Cost Beschleunigungssensoren und einer bildgebenden Totalstation

Viele Brücken in Deutschland sind in einem schlechten Zustand. Die Instandsetzung würde in einigen Fällen so teuer werden, dass gleich neue Brücken gebaut werden können. Um es nicht so weit kommen zu lassen, erhält die kurzzeitige und auch langfristige Kontrolle der Brücken auf Schäden, das sogenannte Structural Health Monitoring (SHM), sowie ihre sichere, zuverlässige und wirtschaftliche Instandhaltung immer mehr Aufmerksamkeit. Das SHM ist ein Prozess, mit dem Bauwerksschäden erkannt und ihre geometrischen bzw. dynamischen Eigenschaften durch kurzzeitige oder kontinuierliche Messungen bestimmt werden können. Bei Brücken ist häufig nicht das Gewicht der Fahrzeuge das größte Problem, sondern die Schwingungen, die sie erzeugen. Bei Schwingungsüberwachungen werden die Gesamtänderungen eines Bauwerks (z. B. bezüglich Eigenfrequenzen, Schwingungsformen und modaler Dämpfung) festgestellt, um Bauwerksschäden (und seien es nur winzige Risse) zu detektieren. Tritt ein Schaden auf, kann eine Analyse der Schwingungsformen auch Informationen über Art und Ort des Schadens liefern.

In diesem Projekt entwickelt das Geodätische Institut der Leibniz Universität Hannover in Kooperation mit der ALLSAT GmbH (Hannover) und unter Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowohl Hard- als auch Software zum technologischen Aufbau eines kostengünstigen Sensornetzwerkes zur Deformations- und Schwingungsanalyse von Brückenbauwerken. Das Sensornetzwerk besteht aus Mikroelektromechanischen Systemen (MEMS) in Form von Beschleunigungssensoren, die an verschiedenen Stellen der Brücke befestigt werden (Abb. 1). Diese messen an ausgewählten Punkten (Sensorknoten) der Brücke die Beschleunigungswerte. Durch die mathematische Operation der Integration können aus den Beschleunigungswerten für die Sensorknoten die Geschwindigkeiten und die Positionen berechnet werden. Durch die mathematischen Berechnungen kommt es zu Unsicherheiten in der Positionsbestimmung. Daher wird mit einem weiteren Sensor, einem modernen Tachymeter mit integrierter Kamera, ebenfalls die Position der Sensorknoten bestimmt.

Abbildung 1: Bestandteile eines Sensornetzwerkes zur Deformations- und Schwingungsanalyse (Kemkes, 2016)

So lassen sich die ursprünglich vom MEMS-Beschleunigungssensor erfassten Daten korrigieren. Anschließend beginnt die Analyse der vorliegenden Daten, wobei als wesentliche Parameter die Amplituden und Frequenzen des zugrundeliegenden harmonischen Schwingungsmodells geschätzt werden. Die aus der Schwingungsanalyse gewonnenen Daten lassen sich in Positionsänderungen des jeweiligen Sensorknotens überführen. Dies ermöglicht einen Vergleich mit vorhandenen Plandaten des Bauwerkes, um so Schadensstellen zu erkennen. Als weitere Beurteilungsgrundlage werden die geschätzten Frequenzen mit den Eigenfrequenzen des Brückenbauwerks verglichen, die aus Berechnungen basierend auf Finite-Elemente-Modellen (FEM) abgeleitet werden.

Abbildung 2: Schwingungsmessungen an einer Fußgängerbrücke mit einer Leica Nova MultiStation MS50 (bildgebendes Tachymeter) und einem Lasertracker Leica AT960-LR (als hochgenauer Referenzsensor für die Validierung)
Abbildung 3: Die diskrete Fouriertransformation eines Leica MS50 Datensatzes zeigt die auftretende Schwingungsfrequenz von 4.0768 Hz