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Bodenbewegungen hochgenau messen mit Satelliten-Daten

GeoWerkstatt-Projekt des Monats Mai 2023

Projekt: Ein Qualitätsmodell für Open-Source Sentinel-1 SAR-Daten durch räumlich-zeitliche Modellierung

Forschende: Dr.-Ing. Mohammad Omidalizarandi; Bahareh Mohammadivojdan, M.Sc.; PD Dr.-Ing. Hamza Alkhatib; Prof. Dr.-Ing. Ingo Neumann

Projektidee: Räumlich-zeitliche Qualitätsmodellierung von Persistent Scatterer Interferometry (PSI) Zeitreihen, die aus beliebigen Open Source Sentiel-1 SAR Daten gewonnen werden


Auch wenn es mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist: Die Erdoberfläche bewegt sich - auch in Niedersachsen. Systematische Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Erdoberfläche in fast 30 Regionen in Niedersachsen gesenkt hat. Obwohl sich dies nur im Millimeterbereich innerhalb von Jahrzehnten abspielt, sind Veränderungen in dieser Größenordnung für die Geodäsie von Bedeutung, um räumliche Bezugssysteme aktuell zu halten. Diese Bezugssysteme ermöglichen beispielsweise die präzise Navigation mit GPS. Die dauerhafte und großräumige Überwachung dieser Erdbewegungen und großer Infrastrukturen wie Brücken, Straßen und Schienen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. In diesem Projekt wird untersucht, ob sich Satellitendaten zur Bestimmung der Erdbewegungen nutzen lassen. Dazu werden Radardaten der europäischen Sentinel-Satelliten verwendet.

Wir nutzen eine Methode namens Radarinterferometrie, um mit Hilfe von Radarstrahlen zu messen, wie sich die Erdoberfläche innerhalb eines bestimmten Zeitraums verändert hat. Wir vergleichen zwei Satellitenbilder desselben Gebiets, die mit einem gewissen Zeitabstand aufgenommen wurden. Durch die Analyse der Phasenverschiebung der beiden Signale können wir Bewegungen wie Bodensenkungen, Dehnungen und Verschiebungen hochgenau erfassen. Wir verwenden eine Variante der Radarinterferometrie, bei der nach Objekten gesucht wird, die aufgrund ihrer besonderen Oberflächenbeschaffenheit (z.B. Metallstrukturen oder feste Gesteinsformationen) das Radarlicht besonders stark reflektieren und daher in vielen Aufnahmen als "Persistent Scatterer" (dauerhafte Streuer) erkennbar sind. Hierdurch können Bewegungen wie Bodensenkungen, Dehnungen und Verschiebungen hochgenau erfasst werden. Ein Problem, bei dieser Methode ist allerdings, dass diese gut reflektierenden dauerhaften Streuer sehr unregelmäßig verteilt sind und hauptsächlich in bewohnten Gebieten vorkommen. Weitere Probleme bei der Methode sind verrauschte Daten und Messfehler.

Um Messfehler zu erkennen, trennen wir die mit Radarstrahlen gemessenen Punkte zuerst in solche, die auf dem Boden liegen, und solche, die auf Häusern, Brücken etc. liegen. Als Vergleich nehmen wir ein 3D-Stadtmodell, bei dem wir wissen, wo der Boden liegt und wo die Gebäude. Um die Messfehler bei den Bodenpunkten zu erkennen, wenden wir ein mehrstufiges Verfahren an: Zunächst betrachten wir  die Messungen der letzten Jahre von einem einzelnen Punkt aus. Mit dieser Zeitreihe von Daten können wir schnell Punkte erkennen, an denen es unrealistisch große Veränderungen gegeben hat. Mit den Daten der vorherigen Jahre können wir für jeden Punkt die Geschwindigkeit der Bewegung pro Jahr berechnen. Im zweiten Schritt vergleichen wir die Bewegungsgeschwindigkeiten aller Punkte. Punkte, die dicht beieinander liegen, sollten sich auch ähnlich schnell bewegen. Mit diesen beiden Methoden können wir sowohl zeitliche als auch räumliche Messfehler erkennen.

Die Methode wurde an einem Gebiet in der Nähe der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig getestet und mit dem online verfügbaren Boden Bewegungsdienst Deutschland des Bundesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) verglichen. Unsere Ergebnisse sind mit denen des Bodenbewegungsdienstes vergleichbar. Beide können Veränderungen der Erdoberfläche mit einer Genauigkeit von 1 mm bestimmen. Die Unterschiede zwischen unserer Methode und dem Boden Bewegungsdienst sind in Abbildung 1 als Histogramm dargestellt.

Die Ergebnisse dieser Studie haben gezeigt, dass die vorhandenen Daten der Sentinel-Satelliten genutzt werden können, um Bodenbewegung hochpräzise zu messen und zu überwachen. Dadurch können Naturereignisse wie Erdbeben, Erdrutsche und Überschwemmungen genauer gemessen und die Sicherheit der Bevölkerung durch eine Früherkennung erhöht werden.

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